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Von Robert Pirsig gibt es die Geschichte der Affenfalle (Robert M. Pirsig (1995): Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten)

„Die Falle besteht aus einer ausgehöhlten Kokosnuß, die an einen Pfahl angebunden ist. In die Kokosnuß kommt eine Handvoll Reis, nach dem der Affe durch ein kleines Loch greifen kann. Das Loch ist groß genug, daß er die Hand hineinstecken kann, aber zu klein, um die Faust mit dem Reis wieder herauszuziehen. Der Affe greift hinein und ist auf einmal in der Falle gefangen – aber nur wegen seiner Wertstarrheit. Er ist außerstande, den Reis neu zu bewerten. Er vermag nicht zu erkennen, daß Freiheit ohne Reis mehr wert ist als Gefangenschaft mit Reis. Die Dorfbewohner kommen, um ihn zu packen und fortzuschleppen. Sie kommen näher. . . immer näher. . . jetzt! Welchen allgemeinen Rat – keinen spezifischen, sondern welchen allgemeinen Rat würden Sie dem bedauernswerten Affen in dieser Zwangslage geben?“

Spricht man Menschen, egal ob Mitglieder von Unternehmerfamilien oder deren Steuerberater, Anwälte, Bank- und Unternehmensberater, auf menschliche Probleme bei der Unternehmensnachfolge an, wird meist spontan das „nicht loslassen können“ des Unternehmers genannt. Und diese Situation erinnert in der Tat sehr stark an die indische Affenfalle. Je nachdem wie ehrlich der Unternehmer zu sich selbst ist, wird er diese Falle erkennen und versuchen entsprechend zu handeln. Eigentlich ist es ganz einfach, dieser Zwangslage zu entkommen: Loslassen! Aber eben nur „eigentlich“. Es gibt viele Faktoren, die das Loslassen so schwer machen in dieser Situation und die Geschicke des Unternehmens für die Zukunft in andere Hände zu geben.

Viel hängt davon ab, wie stark die Identität des Unternehmers mit dem Unternehmen verflochten ist. Gerade wer mit viel Engagement und Erfolg das Unternehmen in der Vergangenheit aufgebaut und gelenkt hat, wird sich schwer tun, sich nun überflüssig und entbehrlich zu machen. Oft war der Betrieb „sein“ Lebensinhalt und Lebenssinn. Sich dazu Alternativen aufzubauen braucht Zeit und ist mit Arbeit verbunden!

Hinzu kommt ein tatsächlicher oder befürchteter Statusverlust. Oft war das Unternehmen für ihn wie ein kleines Königreich. Er war der Chef, an dem keiner vorbei kam. Je nachdem, ob der Respekt und die Anerkennung anderer Menschen mehr von der Funktion des Unternehmers oder seiner Persönlichkeit abhingen, wird sich das nach dem Ausscheiden mehr oder weniger verändern. Auch hier braucht es Zeit, Mut und Ehrlichkeit, um notwendige Entwicklungen der eigenen Persönlichkeit zu ermöglichen.

Auch die Angst vor finanziellen Einbußen ist oft real und nicht von der Hand zu weisen. Hier ist entscheidend, wie in den Vorjahren vor dem Ausscheiden finanziell Vorsorge durch Privatvermögen, Versicherungen und Rentenansprüchen getroffen wurde. Eine Abhängigkeit von der Zukunft des Unternehmens in Form einer Betriebsrente ist für beide Seiten belastend. Auch hier braucht es Zeit, um die notwendigen Schritte rechtzeitig in die Wege zu leiten.

Daneben gibt es noch eine Fülle anderer Gründe, die dem Unternehmer möglicherweise das Loslassen schwer machen :

  • Einem Nachfolger zu vertrauen die Geschicke „seines“ Unternehmens in der Zukunft zu lenken,
  • sich mit der eigenen Vergänglichkeit zu beschäftigen,
  • den Erwartungen von Kindern und Erben gerecht zu werden,
  • Ehe und Partnerschaft neu zu gestalten,
  • aber auch Kontrolle abzugeben und
  • einen neuen und letzten Lebensabschnitt positiv zu gestalten.

Loslassen ist eigentlich ganz einfach, wenn es gelingt die eigenen Wertvorstellungen zu überdenken und neu zu justieren. Dazu braucht es Zeit, persönliche Flexibilität, Ehrlichkeit und Respekt vor der Aufgabe. Ganz sicher geht vieles mit einem externen Berater professioneller, leichter und erfolgreicher.